Was ist Prozesskostenhilfe?
Viele Menschen fragen: Kann ich mir einen Rechtsstreit überhaupt finanziell leisten? Für diejenigen, die mit ihren eigenen finanziellen Mitteln das Prozessrisiko nicht tragen können, hat der Gesetzgeber die Prozesskostenhilfe geschaffen.
Prozesskostenhilfe wird einer Partei in einem Gerichtsverfahren gewährt, wenn sie auf Grund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten für die Prozessführung ganz oder teilweise nicht aufbringen kann und die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Zivilprozessordnung). Außerdem ist ein entsprechender Antrag beim Prozessgericht erforderlich.
Wann die hinreichenden Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung gegeben sind, hat das Bundesverfassungsgericht schon oft entschieden. Hier eine aktuelle Entscheidung:
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (BVerfG vom 28. Januar 2013, Az. 1 BvR 274/12)
Der Beschwerdeführer war wegen eines Herzleidens in Behandlung. Das Krankenhaus lehnte ab, ihn auf die Warteliste für die Organvermittlung zur Herztransplantation aufzunehmen. Denn eine Indikation zur Herztransplantation liege wegen gravierender Verständigungsprobleme und der fehlenden Mitwirkung des Patienten bei der Vor- und Nachbehandlung nicht vor. Später wurde der Beschwerdeführer auf Veranlassung eines anderen Krankenhauses auf die Warteliste aufgenommen. Gegen das ablehnende Krankenhaus erhob der Beschwerdeführer Schmerzensgeldklage und begehrte gleichzeitig Prozesskostenhilfe für den Rechtsstreit. Das Landgericht lehnte seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück. Unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs.3 GG legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde wegen der Versagung von Prozesskostenhilfe ein.
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das Verfassungsgericht hob den angegriffenen Beschluss wegen Verletzung des Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG auf und wies die Sache an das Oberlandesgericht Hamm zurück.
Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Ausgangsgerichte die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt haben. Die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung dürfen dann nicht verneint werden, wenn diese ungeklärte Rechts- und Tatfragen zum Gegenstand hat. Denn diese können nicht in einem Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden. In solchen Fällen läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese zum Nachteil des Rechtschutzsuchenden ausgehen wird.
Die Ausgangsgerichte hätten im Falle des Beschwerdeführers schwierige und bislang in der Rechtsprechung ungeklärte Fragen beantworten müssen. Einerseits habe die Bundesärtzekammer in ihren Richtlinien zwar bestimmt, dass unzureichende Mitwirkung (auch wenn sie auf sprachliche Verständigungsschwierigkeiten beruht) eine Kontraindikation sein kann. Jedoch werde die Ermächtigung zum Erlass der Richtlinien in Frage gestellt. Außerdem sei der Fall nicht geregelt, wie zu verfahren ist, wenn bei sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten ein Dolmetscher herangezogen werden kann.
Darüber hinaus haben laut Bundesverfassungsgericht die Ausgangsgerichte deswegen Prozesskostenhilfe zu Unrecht verneint, weil sie verkannt haben, dass eine Beweisaufnahme über eine entscheidungserhebliche Tatsache ernsthaft in Betracht kam und nicht ausgeschlossen war, dass sie zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen würde.
Fazit:
Die Fachgerichte dürfen Prozesskostenhilfe nicht versagen,
wenn es sich um tatsächlich oder rechtlich schwierige und ungeklärte Fragen handelt
oder
wenn der Sachverhalt nicht aufgeklärt ist, eine Beweisaufnahme in Betracht kommt und es nicht ausgeschlossen ist, dass diese zugunsten des Rechtsschutzsuchenden ausgehen wird.